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Chapter 3

"Ich bin kein Vogel; und kein Netz umgarnt mich: Ich bin ein freier Mensch mit einem unabhängigen Willen."

- Charlotte Bronte in Jane Eyre

Sanfte Sonnenstrahlen kitzeln mein Gesicht als ich meine Augen öffnete. Ich taste nach meinem Handy und aktiviere den Bildschirm: 07:48, 3 Nachrichten meiner Mutter und eine von meiner Freundin Bettina, welche ich noch von meinem alten Zuhause kenne. Fast hätte ich die Nachricht von meiner Mutter geöffnet, da sie mich beim Mittagessen sonst mit einem vorwurfsvollen Ton ansprechen wird, bis mir einfiel, dass ich sie frühestens in zwei Wochen wieder sehen werde. Ich lege das Handy, ohne es zu entsperren zurück auf mein Nachttisch und stehe auf. Der Holzboden ist glattgeschliffen und von der Sonne angewärmt. Ich stelle den Radio an und höre die Nachrichten, was ich sonst eigentlich nie tue, da mir die Zeit normalerweise dazu fehlt. Heute werde ich mich um so einiges kümmern müssen und darunter gehört leider auch die Jobsuche, da ich jetzt nicht mehr bei meinen Eltern wohne. Doch zu erst möchte ich nur den Start in den Tag geniessen und laufe ans Fenster.

Das Gehäuse ist alt und die Scheiben etwas milchig. Die weisse Farbe blättert vom Holzrahmen ab, als ich mit dem Finger daran entlang streiche. Ein Hauch von Staub ziert nun meine Fingerkuppe, welche ich an meinem Schlafshirt abstreiche. Meine Mutter würde nun sagen, dass ich sofort, mein AC/DC T-Shirt, welches sie sowieso nicht dulden würde und meine Hände säubern sollte. Ich hasse mich dafür, dass ich sogar in ihrer Abwesenheit so denke und werde ab dem jetzigen Zeitpunkt damit aufhören. Also reibe ich lächelnd meine beiden Handflächen an dem Rahmen und streiche es am T-Shirt ab. Nach dem ich an mir herunter geschaut habe, entscheide ich, dass mir das noch nicht reicht. Ich drehe mich breit grinsend um und reibe mich am Fenster, mit dem Rücken voran, wie Balu aus dem Dschungelbuch am Baum. "Da hast du's", spreche ich zu meiner imaginären Mutter und laufe ins Bad, wo ich zufrieden unter die Dusche stehe und vor mich hin summe.

Die Türe von Julia's Zimmer ist verschlossen, ich nehme an sie schläft noch. Also nehme ich mir einen Kaffee, mit einem Butterbrot und setze mich mit dem Laptop auf den kleinen Balkon, ohne nennenswerten Ausblick. Eine Stunde verbringe ich damit, nach einem Job zu suchen, was sich als Herausforderung entpuppt, da die meisten Betriebe Vollzeitangestellte suchen. Irgendwann gebe ich auf und fahre mit einem beinahe leeren Bus in die Stadt. Stolz, dass ich solange gewartet habe, texte ich meiner Mutter und meiner Freundin zurück und suche dann im Google Maps nach einem Antiquariat. Nach dem ich schon in Zweien war, fand ich im Dritten endlich ein günstiges, lottriges Fahrrad, welches sich als tauglich herausstellte, um mindestens ein Jahr zu überleben. An der Kasse war ein alter Mann, seine Hand zitterte, als das Rückgeld versuchte, aus der Kasse zu nehmen. Er erweckte ein solches Mitleid in mir, dass ich ihm das Geld schenkte. Er schaute lächelnd auf und zwinkerte mir hinter seiner alten Hornbrille zu: "Danke Fräulein, aber dann such dir doch etwas zusätzliches für das Geld aus" Der Laden hatte mehrere Etagen und ich wusste wirklich nicht, wo ich beginnen sollte und dies schien er mir anzusehen. "Was magst du denn am liebsten?", fragte er mich, worauf ich ohne nachzudenken mit "Bücher", antworte. Er wirkte etwas erstaunt aber zeigte mir an, ihm zu folgen. Als wir unten ankamen, stand ich vor mehreren Regalen, gefüllt mit Büchern.

"Früher haben die Leute Bücher gekauft, als es noch keine Fernseher oder all die anderen Geräte gab. Langsam weiss ich wirklich nicht mehr, was ich mit ihnen anstellen sollte. Die neuen Bücher im ersten Gestell kosten drei Franken, all die anderen zwei Franken. Du hast mir sieben Franken geschenkt, also nimm ruhig fünf Bücher, sie sind kein lukratives Geschäft mehr." Neben vier Anderen fand ich eine alte Ausgabe von Charlotte Brontes Meisterwerk Jane Eyre. Der alte Mann lächelte und sagte in wehmütigem Ton: Dieses Buch hat meiner Frau besonders gut gefallen, Jane ist eine Heldin. Kennst du es?", ich nickte und bemerkte, dass seine Augen zu schimmern begannen. Auf einmal überkam mich das Gefühl, dass dahinter eine Geschichte steckte, welche ich unbedingt hören wollte. Er wollte sich gerade wieder auf den Weg nach oben machen, als ich doch noch einen Ton herausbrachte: "Geht es Ihnen gut?", er hielt inne, drehte sich wacklig um und wischte sich mit einem Taschentuch über die Augen. Ich sammle mein Selbstvertrauen und frage ihn nach der Geschichte, die hinter diesem Buch steckt.

"Wenn du die Geschichte hören willst, müssen wir nach Oben gehen.", meinte er und schlug vor, dass wir uns auf ein Sofa setzen, denn so sehe er wenn jemand hereinkäme

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