Ch. 1 - Abreise
CALLUM
Ich schob sie genervt von mir weg. Der Sex hatte mich gar nicht entspannt, im Gegenteil, das musste aufhören. Kyle hatte sie mir ausgesucht und irgendwie ahnte ich auch warum.
Sie war geistreich und hatte mich den Abend über charmant unterhalten. Und im Bett war sie gar nicht schlecht, sie hatte einen wunderschönen Körper und wußte ihn einzusetzen. Kyle hatte alles richtig gemacht und dennoch fühlte es sich falsch an.
Wir hatten einen tollen Abend, aber letztlich merkte ich, an der Art, wie sie redete und was sie bereits über mich wußte, dass ihr meine Stellung und das Ansehen wichtiger war als ich. Sie hatte den Abend über alles getan, um es zu verheimlichen und dennoch war es mir nicht entgangen. Wie bei so Vielen vor ihr.
“Kyle”, schrie ich und stand auf, ohne mich noch einmal nach ihr umzudrehen. Es war unfair, aber ich war Callum Weston, was interessierte es mich. Kyle meldete sich nicht.
“Wo verdammt nochmal ist Kyle?“, ich riss die Tür von meinem Schlafzimmer auf und lief in den Flur.
“Kyle”, brüllte ich noch einmal.
“Er ist schon abgereist, Sir.” Smith stand etwas irritiert vor mir. Ich war noch nackt. Okay, das war jetzt überraschend für ihn nach den dreißig Jahren, die er für mich arbeitete.
“Wohin?” fragte ich belanglos.
“Santa Barbara”, Smith schluckte schwer. “Packen sie die Sachen, Smith”, dann ging ich zurück in mein Schlafzimmer.
“Was machst du noch hier?” fragte ich etwas zu harsch und ich sah sie aus meinem Zimmer flüchten. Sie war die erste seit zwei Jahren, die ich zu mir gelassen hatte, nach noch einer längeren Periode davor.
Doch es gab mir gar nichts. All diese Frauen, die Tag für Tag um meine Gunst buhlten. Sie hatten nur Geld, Macht und Ansehen im Kopf.
Nicht eine traf ich, die nichts von mir wußte oder nicht gleich bei dem Blick auf mein Sakko Goldmünzen in den Augen hatte. Es war immer das Gleiche.
Wäre nur eine dabei gewesen, die nicht an meinem Geld und meiner Stellung interessiert gewesen wäre, ich hätte sie hundert Jahre behalten. Mensch, Wolf, es war mir egal. Ich wollte endlich etwas spüren. Nicht mehr verloren sein in all den hundert Jahren. Ich suchte jemanden, der mich will. Mich und nicht die Fassade von Callum Weston.
Genervt fuhr ich mir durch die Haare. Kyle war schon wieder bei seinem Erasthai. Seit er ihn gefunden hatte vernachlässigte er seine Pflichten und mich.
Ich war eifersüchtig. Wie hatte er es geschafft in seinen fünfzig Jahren seinen Erasthai zu finden und ich nicht in zweihundert Jahren. Zu allem Überfluss wußte sein Erasthai seit zwei Jahren immer noch nicht, wer oder was Kyle war und wohin ihn Kyle mitnehmen würde.
Er redete dauernd davon, dass er vorsichtig sein müsse. Er ist zu wertvoll. Ja, keine Frage. Aber warum erklärte er es ihm nicht. Wieso? Xavier, sein Erasthai, war zur Hälfte Werwolf. Er wußte was und wer wir waren, warum also die Vorsicht?
Ich fühlte mich gezwungen, wieder einmal auf ihn aufzupassen. Eigentlich sollte es anders herum sein. Er war immerhin meine rechte Hand und ich nicht seine. Aber nachdem er bei seinem letzten Date mit Xavier ein ganzes Kino in Brand gesteckt hatte, fühlte ich mich auf einmal für ihn verantwortlich.
Er hatte mir versprochen, nichts zu unternehmen, ohne mich vorher zu informieren. Doch jetzt wußte ich, dass dieses Mädchen in meinem Schlafzimmer eine organisierte Ablenkung von ihm war. Ich hatte unterschätzt, wie stark die Bindung zu seinem Erasthai war.
Nach einer ausgiebigen Dusche kam ich zurück in mein Zimmer und Smith stand stramm vor mir. “Smith, beruhigen sie sich.”
Ich blickte auf die gepackten Koffer und zurück zu Smith, dem die Schweißperlen von seinem Gesicht in alle Richtungen den Hals hinunterliefen.
“Smith. Haben Sie ihre Koffer auch schon gepackt?” grinste ich ihn an. Es war eher ein Scherz als eine Aufforderung, aber er rannte sofort aus dem Raum und ich schüttelte nur meinen Kopf. Ich musste vorsichtiger sein. Der arme Kerl würde sonst bei der nächsten Anweisung einen Infarkt bekommen.
Santa Barbara? tippte ich schnell ins Telefon. Ich brauche bessere Frauen, die mich von deinen Plänen ablenken! Tippte ich und schmunzelte.
Kyle würde sich noch wundern.