Ich würde so gerne um die Welt reisen. Ich hätte so gerne einen Partner, der meine Visionen versteht, mich in allem unterstützt. Ich wünschte ich hätte einen Job, der mich erfüllt, der Hobby und Beruf vereint. Ich hätte so gerne eine Familie, die meine Träume nicht nur belächelt, sondern mich ernst nimmt. Ich wäre gerne Autorin, aber wer würde mein Buch schon lesen? Ich würde gerne Menschen erreichen mit meinen Worten, aber wen würde das interessieren?
Kennt ihr diese Gedanken? Sie stoppen uns, in allem was wir tun. Nicht nur in unseren Handlungen, sondern auch in unserem Denken. Wie oft träumen wir von bestimmten Lebensumständen, aber anstatt diesen Träumen nachzugehen, die Gedanken zu verdeutlichen und Wege dorthin zu finden, stoppen wir uns. Wir stoppen unsere Vorstellungen, weil wir uns entweder selbst nicht genug zutrauen, oder aber an die Menschen in unserem Umfeld denken, die uns für verrückt erklären würden, die uns belächeln würden. Wir verweilen im Jetzt, geben uns zufrieden damit, wie es ist und denken, dass Träume zum träumen da sind und wir mit dem zufrieden sein sollten, was wir haben- mit diesem Leben.
Keinesfalls will ich sagen, dass ein normales, ruhiges Leben niemanden erfüllen kann. Selbstverständlich gibt es Menschen, die nicht nach mehr verlangen, weil sie es so einfach gern haben. Menschen, die sich vollständig fühlen in ihrer kleinen Welt, zufrieden sind mit ihrem Job und ihre Stellung im Familien- und Freundeskreis für ausgeglichen erachten.
Manche Mütter lieben ihre Aufgabe als Mutter und haben kein Verlangen nach „mehr“. Ihre Inspiration und Aufgabe fürs Leben sind ihre Kinder. Auch dieses Leben ist schön, sofern man darin seine Aufgabe fürs Leben gefunden hat und das Innere nicht nach „noch mehr Erfüllung“ verlangt.
Es gibt Menschen, die reisen um die Welt, so wie sie es sich wünschen. Es gibt Menschen, die sind gerne Zuhause, inmitten ihrer kleinen Familie oder ihren Bücherregalen bis an die Decke, verlieren sich gerne im Kreise der Familie, oder in den Zeilen ihrer Bücher. Mehr verlangen sie nicht, weil sie das erfüllt.
Es gibt wieder welche, die unfassbar zielstrebig ihrer Arbeit nachgehen, die darin aufgehen, die in ihrem Beruf ihre Passion entdeckt haben und genau hierdurch Erfüllung erlangen.
Aber es gibt Menschen, wie mich, die ihr Leben lieben, aber mehr wollen. Die Visionen haben, Ideen. Menschen, die ihre Kreativität zum Ausdruck bringen wollen, aber den Weg dorthin noch nicht kennen. Menschen, die so vieles zu sagen haben aber nicht wissen, wer das überhaupt hören will.
Menschen, die sich allein gelassen fühlen in ihrer Vorstellung, die belächelt werden von vielen Seiten, auch wenn es natürlich immer diese besonderen Menschen gibt, die einem den Rücken stärken und an einen glauben.
Ich, verheiratet und zweifache Mutter, 30 Jahre alt. Ich habe einen Teilzeitjob, der mir Spaß macht, definitiv aber nicht meine Passion ist. Arbeiten gehe ich, um unter Menschen zu kommen. Zuhause erwarten mich immer zwei wundervolle Zwerge und ein Berg von Hausarbeit.
Was die Meisten von mir erwarten? Sei dankbar für deine gesunde Familie, deine wundervollen Kinder. Das ist Aufgabe genug, Kinder erziehen, eine Ehe führen. Man verlangt von mir 0815. Ja, wenn die Zeit es zulässt, kannst du natürlich gerne deine Bilder am Abend malen, aber bitte erst, wenn die Kinder schlafen und der Haushalt gemacht ist. Kaufe Bücher so viele du willst, du liest so gerne. Aber kaufe nicht gleich fünf auf einmal, sondern lies erst eins, bevor du das Nächste bestellst.
Was willst du noch mehr? Du wolltest doch Kinder, das ist dein Leben, für mehr ist keine Zeit. Konzentriere dich auf deine Familie. Du bist 30, benimm dich so, du kannst nicht ewig jung und verrückt bleiben.
Das wird von mir verlangt. Genau das. Aber soll ich Euch was sagen? Das bin ich nicht.
Ja, ich bin stolze Mutter zweier wundervoller Söhne, aber wer sagt, dass das Muttersein meine Ziele und Träume zu verwirklichen, stoppen kann oder muss? Was hindert mich daran, das zu erreichen, wonach ich mich sehne? Eines sage ich Euch: Meine Kinder sind es nicht, sondern es ist die Erwartungshaltung der Menschen in meinem Umfeld. Wenn ich abends ein Bild male fragt man mich: „Wie schaffst du es, diesem Hobby nachzugehen neben Haushalt und Erziehung?“ Wenn ich sage, dass ich für mein Leben gerne schreibe, am liebsten ein Buch veröffentlichen würde mit allem, was in meinem Kopf so passiert, werde ich belächelt: „Ja schreib mal, solange du die Kinder zeitig ins Bett bekommst und der Haushalt nicht darunter leidet, kannst du doch tun und lassen was du willst.“
Schmerzhaft ist die Erkenntnis, wie wenige dich, das was du fühlst, was du bist und was du willst, kennen. Wie wenige Menschen in deinem engsten Umfeld überhaupt an deine Visionen und Ziele glauben. Wie oft höre ich: „Ja, das bist halt du. Du hast eine Idee und morgen hast du eine andere. Dann ist das eh wieder vergessen.“
Ideen habe ich viele. Vorstellungen davon, wie ich mein Leben gerne leben würde, was ich anders machen möchte, was ich erreichen will. Durch diese ständigen Rückschläge und diese Erwartungshaltung mir gegenüber, ich müsse in aller erster Linie meiner Familie gerecht werden, bevor ich darüber nachdenke, meine Wünsche zu erfüllen, wurde mir oft genug der Mut genommen, genau das zu tun, was mich erfüllt.
Meine eigene Stärke, und zwar die Stärke und das Selbstvertrauen, das Wissen, dass ich keinen Zuspruch brauche, um mich „zu trauen“, ist immer noch etwas, was ich mir Tag für Tag aneignen muss. Selbstliebe. Selbstvertrauen. Glaube an dich und kenne deinen Wert und dein Können. Traue dir alles zu, was du dir erträumst. Niemand sonst ist in der Lage, deine Schritte zu gehen, deine Gedanken zu leben und zu fühlen. Suche niemals nach Zuspruch und Bestätigung in anderen Personen, sondern vertraue stets auf dich. Nur du kennst deine Grenzen. Vertraue darauf, immer!
Viele Jahre habe ich meine Gedanken beobachtet, und immer wieder traf ich mich genau hier: „Was wäre gewesen, wenn...“
Was wäre gewesen, wenn ich andere Entscheidung getroffen hätte vor Jahren, anstatt diesen Weg zu gehen. Was wäre gewesen, wenn ich bestimmte Menschen aus meinem Leben gestrichen hätte und anderen dafür die Möglichkeit gegeben hätte, ein Teil dieses Lebens zu sein. Was wäre gewesen, wenn ich schon viel früher Mut gehabt hätte, immer zu sagen was ich denke und fühle, anstatt mich mental immer unter Wasser zu halten und anderen Meinungen unterlegen zu sein. Was wäre gewesen, wenn ich viele Dinge damals schon anders gemacht hätte, wo stünde ich heute?
Und ja, dass man das Leben nicht ständig überdenken soll, dass man die Vergangenheit nicht ändern kann, das ist mir alles bewusst. Aber für mich sind das unfassbar interessante Gedanken. Gedanken, die mich heilen, indem ich genau darüber nachdenke, welche Entscheidung richtig war und welche eher nicht. Ich sortiere meine Gedanken, frage mich, was meine Ziele vor 10 Jahren waren, wo ich heute stehe und welche Ziele sich erfüllt, geändert oder gar neu hinzugekommen sind.
Auch auf mentaler Ebene, auf gefühlsmäßiger Ebene, stelle ich mir oft die Frage, inwiefern ich mich verändert habe. Dass ich gewachsen bin, das spüre ich, denn meine Grenzen sind heute ganz andere als damals. Ich spüre, dass mein Selbstvertrauen gewachsen ist. Mein Drang nach Wissen. Meine Lust, mich, meine Gefühle und Gedanken zu kennen und zu verstehen. Und umso mehr ich mich verstehe, umso weniger lasse ich andere Menschen mein Ich bestimmen. Ich gebe niemanden das Recht, mich, meine Gefühle oder Gedanken zu „manipulieren“. Niemand darf mir sagen, wie ich zu sein habe, denn ich habe das Recht, genau so zu sein, wie ich mich wohl fühle. Es spielt keine Rolle, was von mir erwartet wird. Eine zurückhaltende Mutter, ihrem Alter und Status entsprechend gekleidet, sich erwachsen benehmend, denn „ich habe ja zwei Kinder!“.
Nein, ich ziehe an, wonach mir ist, zerrissene Hosen, oversize Shirts, Chucks und Vans. Ich schminke mich, so wie ich mich danach fühle. Ich lache so laut ich will und spinne rum, weil ich es kann. Ich singe lauthals und tanze umher, weil mir danach ist. Es gibt kein „so musst du sein“, weil jedes Individuum genau so richtig ist, wie es ist.