1
Erneut riss er die Augen auf und wieder bohrte sich die Kälte wie Reißzwecken in seine Pupillen. Er blinzelte, aber die Schwärze blieb. Augen auf, Augen zu. Undurchdringliche Dunkelheit. Mit angezogenen Beinen, die Knie mit den Armen umschlossen saß er da, umgeben von unnachgiebigen Wänden, unfähig, sich zu rühren. Das Wasser stand ihm inzwischen bis zur Stirn und es stieg unaufhaltsam weiter. Die eisige Kälte hatte ihm jeden Schmerz genommen. Er fühlte nichts, er sah nichts. Nur sein immer schnelles schlagendes Herz dröhnte in seinen Ohren. Er legte den Kopf in den Nacken und schob seine Nasenlöcher über den Wasserspiegel. Gierig sog er die abgestandene Luft ein und es kostete ihn unendliche Kraft, sie nicht gleich für einen Schrei zu vergeuden. Aber die Panik bahnte sich unaufhaltsam ihren Weg, wand sich wie eine Anakonda zischelnd von seinem Magen, über das Zwerchfell in seine Kehle. Immer schneller pumpte er die Luft in seine Lungen.
Das Licht traf ihn völlig unvorbereitet und vor Schmerz kniff er für einen Moment die Augen zusammen. Durch eine milchige Scheibe sah er weiße Federwolken, die unbeeindruckt über den blauen Himmel zogen. Dann tauchte ein Gesicht auf und schaute auf ihn herab. Und während das Wasser seine Nasenlöcher erreichte und er ein letztes Mal die Luft anhielt, fielen die Teile im Bruchteil einer Sekunde an ihren Platz. Durch das Prisma des sich im Wasser brechenden Sonnenlichts betrachtete er das Gesicht und eine bleierne Ruhe überkam ihn.
Als er dem Drang nicht mehr widerstehen konnte und mit einem tiefen Atemzug seine Lunge mit Wasser füllte, hätte er beinahe gelacht. Aber dafür fehlte ihm die Luft.